Moony warf ihm einen entnervten Blick zu,hin der Kleine beleidigt eine Schnute zog. „Würdest du Idiot mich jetzt endlich mal durchlassen?“ Wütend schaute Lillyan James an. „Ich komme gerade zu spät zu Verwandlung und kriege jetzt wahrscheinlich schon 15 Punkte Abzug für Gryffindor wegen dir!“ Der Junge, der rechts neben James stand, pfiff bewundernd durch die Zähne. Als Lillyan ihn ansah, grinste er lässig zurück. Lillyan verschlug es für einen Moment die Sprache. Er sah unglaublich gut aus. Das lange, dunkle Haar fiel ihm elegant in die Augen, sein schmales, blasses Gesicht war nahezu fehlerlos. Aber am allerschönsten an seinem Gesicht waren seine schwarzen Augen, die dunkel waren wie eine Winternacht und doch eine unglaubliche Wärme ausstrahlten. „Wow, Krone! Es scheint, als wärst du gerade dem einzigen Menschen auf der Schule über den Weg gelaufen, der dich nicht für lustig hält.“ bemerkte er zu James und sein Grinsen wurde noch breiter. Krone? Moony? Anscheinend waren das irgendwelche seltsamen Spitznamen. „Es sieht danach aus.“ James schaute zu dem gut aussehenden Jungen, dessen Lächeln, sobald sein Blick den von James traf, deutlich abkühlte. „Trotzdem, Moony hat recht, lass sie in Ruhe. Du solltest deine schlechte Laune wegen Professor Jenkins nicht an ihr auslassen. Heb dir das lieber für die Slytherins auf! Und außerdem: je länger wir hier diskutieren, desto mehr Punkte verlieren wir und desto mehr Ärger bekommt dieses hübsche Mädchen hier.“ „Eben!“ sagte Lillyan energisch, bevor sie bemerkte, was er zum Schluss gesagt hatte. Sie versuchte krampfhaft, das Rotwerden zu unterdrücken. Hatte er ihr da gerade ernsthaft ein Kompliment gemacht? Der Freund von James Potter? Der kleine Junge mit den wässrigen Augen sah genauso verwirrt drein, wie Lillyan sich fühlte. „Bist du nicht sogar im Gryffindorteam?“ fragte jetzt der Junge, der Moony hieß, und musterte sie neugierig. Lillyan nickte stolz. „Ach stimmt ja! Jägerin, oder?“ fragte der hübsche Junge, und schaute sie mit einem Blick an, unter dem sie um ein Haar doch noch rot geworden wäre. Schnell nickte sie noch einmal. „Ich habe dich in den Spielen gesehen. Du fliegst gut!“ sagte er zu ihr. Lillyan grinste verlegen. Der gutaussehende Junge grinste lässig zurück. Dann tauschte er einen langen Blick mit James, der sich daraufhin wieder zu ihr umdrehte. „Okay.“ meinte er wiederwillig. „Jungs, lasst sie durch.“ „Na endlich!“ seufzte Moony erleichtert und trat sofort zur Seite, um sie vorbei zu lassen. James und der Kleine machten ihr deutlich weniger begeistert Platz. „Ein Glück, dass wir dich haben!Du bist der Einzige, auf den Krone hört.“ sagte Moony zu dem hübschen Jungen, der nur grinsend die Achseln zuckte und zum Fenster hinüber schlenderte. Schnell schob Lillyan sich an den Jungs vorbei und ging zur Türe des Verwandlungsraumes. Dort schaute sie sich unauffällig noch einmal um. James, Moony und der Kleine standen mit dem Rücken zu ihr und beugten sich über etwas, das Lillyan leider nicht sehen konnte. Der große, gutaussehende Junge hatte sich auf die Fensterbank gesetzt und schaute zu seinen Freunden herüber. Als Lillyan merkte, wie sehr er ihren Blick anzog, wandte sie sich rasch ab und schlüpfte durch die Türe. Bevor sie die Türe schloss, hörte sie noch, wie James Stimme hinter ihr sagte: „Sag mal, warum hast du diese Kleine da eigentlich gerade so in Schutz genommen? Von Moony sind wir das ja gewöhnt, aber du?“ „Sie… ist glaube ich das erste Mädchen, das ich kennenlerne, das mich nicht ununterbrochen anstarrt.“ antwortete die Stimme des gutaussehenden Jungen zögernd. „Werden wir jetzt schon überheblich, Tatze?“ hörte sie James noch belustigt fragen, ehe die Türe hinter ihr zufiel. Schnell drehte Lillyan sich um. „Guten Morgen, Miss Whiteley.“ sagte Professor Dumbledore und sah sie durch seine halbmondförmige Brille durchdringend an. Lillyan schluckte und erwiderte seinen Blick schuldbewusst. Das war ein weiterer Grund gewesen, aus dem sie nicht hatte zu spät kommen wollen: Professor Dumbledore war der Schulleiter von Hogwarts und unterrichtete normalerweise nicht. Als jedoch zu Anfang des Schuljahres die eigentliche Verwandlungslehrerin Professor McGonagall überraschend erkrankt war, hatte Professor Dumbledore, der früher selbst Verwandlung unterrichtet hatte, sich dazu entschlossen, für sie einzuspringen.Und vor dem Schulleiter wollte Lillyan sich ganz bestimmt nicht blamieren. Naja, jetzt war das Kind sowieso schon in den Kessel gefallen. „Es tut mir leid, dass ich zu spät komme, Professor!“ stotterte Lillyan verlegen. Sie konnte sämtliche Blicke der anderen Schüler auf sich spüren, aber sie schaute sich nicht um. „Nun, ich nehme an, dass es einen triftigen Grund für ihre Verspätung gibt, nicht wahr?“ erkundigte sich Professor Dumbledore ruhig und musterte ihr Gesicht so aufmerksam, als könne er ihre gesamte Lebensgeschichte daraus lesen. Wenn er sie so anschaute, hatte sie immer das Gefühl, er könne Gedanken lesen. „Ja, Sir.“ sagte sie und wartete halb gespannt, halb ängstlich auf seine Antwort. „Gut, dann will ich am ersten Schultag mal nicht so streng sein.“ meinte er schließlich und lächelte ihr beinahe unmerklich zu. „Setzen sie sich, Miss Whiteley.“ Erleichtert ging Lillyan zu ihrem Platz und setzte sich neben Stella, eine Freundin von ihr aus Ravenclaw, während Professor Dumbledore mit dem Unterricht fortfuhr. „Nun, wie ich bereits sagte, bevor Miss Whiteley mich unterbrach, ist die Verwandlung eines Gegenstandes in einen anderen Gegenstand nicht halb so schwer wie die Verwandlung in ein Tier oder gar die Verwandlung eines Tieres in ein anderes Tier. Da Sie Verwandlungen von Gegenständen in Gegenstände und Verwandlungen von Tieren in Gegenstände bereits in den letzten Jahren erlernt haben, werden wir uns dieses Jahr mit einfachen und später auch mit schwereren Verwandlungen von Gegenständen in Tiere beschäftigen. Das…“ Lillyan merkte, dass sie immer weniger zuhörte. Normalerweise liebte sie alles, was mit Zauberei zu tun hatte, und somit auch den Unterricht, aber heute hatte sie einfach zu viel im Kopf, über das sie nachdenken musste. Sie dachte an die vier Freunde, denen sie eben auf dem Flur begegnet war. An James Potter alias Krone und seine wütenden und spöttischen Blicke, an diesen Moony, der eigentlich ganz nett gewesen war, und an den Kleinen mit den wässrig blauen Augen, der irgendwie so gar nicht in den Freundeskreis hineinzupassen schien. Und besonders an den großen, schlaksigen, gutaussehenden Jungen. Wie hatte Potter ihn genannt? Tatze. Ob das sein Spitzname war? Seltsame Spitznamen waren das! Naja, wenn es ihnen gefiel… Unwillkürlich sah Lillyan den hübschen Jungen wieder vor sich, wie er sie anschaute, sein lässiges Grinsen, seine warmen, glänzenden Augen, seine dunkle, freundliche Stimme. In ihrem Kopf hallten seine Worte nach: „Sie ist, glaube ich, das erste Mädchen, das ich kennenlerne, das mich nicht ununterbrochen anstarrt.“ und „Außerdem: je länger wir hier diskutieren, desto mehr Punkte verlieren wir und desto mehr Ärger bekommt dieses hübsche Mädchen hier.“ Bei dem Gedanken daran stieg in Lillyan ein warmes Gefühl hoch. Anscheinend hatte er sie außerdem beim Quidditch beobachtet. „Du fliegst gut!“ hatte er gesagt. Ob er das ernst gemeint hatte? Natürlich fand sie auch, dass sie recht gut fliegen konnte, aber so sehr es sie auch ärgerte, dies zugeben zu müssen, kam sie noch lange nicht an Potter heran.Er flog am besten von allen. Erin, der Mannschaftskapitän, brach immer noch jedes Mal in Begeisterungsstürme aus, wenn Potter den Schnatz mal wieder mit einem sagenhaften Manöver und trotzdem unglaublich lässig mit der Hand einfing. Schnell versuchte Lillyan, sich wieder auf den Unterricht zu konzentrieren, weil sie merkte, dass sie, sobald sie an James Potter dachte, sofort wieder an seinen hübschen Freund denken musste. Glücklicher Weise hatte Professor Dumbledore seinen Vortrag über den diesjährigen Lernstoff inzwischen beendet und holte nun eine große Kiste aus dem oberen Schreibtischfach. In dieser Kiste sind kleine Taschenuhren, für jeden eine.“ erklärte er ruhig. „Sie haben jetzt eine halbe Stunde lang Zeit, zu versuchen, ihre Taschenuhr in eine Maus zu verwandeln.Genug dafür müssten sie inzwischen gelernt haben. Wenn die Zeit um ist, besprechen wir gemeinsam, wie man diese Verwandlung korrekt ausführt und schreiben unsere Ergebnisse auf. Miss Silver, wären sie wohl so freundlich und würden sie jedem eine Taschenuhr geben?“ „Ja, Professor!“ Während Stella mit verträumtem Blick aufstand und nach vorne ging, um die Taschenuhren auszuteilen, packte Lillyan ihr Schreibzeug wieder in ihre Tasche um zum Zaubern den Tisch freizuhaben (Das hatte Professor McGonagall ihnen eingeschärft, nachdem Roger Lake, ein Hufflepuff, aus Versehen in einer Verwandlungsstunde anstatt seine Kröte in ein Kissen zu verwandeln seine Feder in Brand gesetzt hatte) und zog ihren Zauberstab aus dem Ärmel. Er war aus dunklem, geschliffenem Eschenholz mit Phönixfeder, zehndreiviertel Zoll lang, geschmeidig und kraftvoll. Er war Lillyans größter Stolz und sie polierte ihn stets vor dem Schlafengehen, weshalb er immer sanft glänzte. Mit diesem Zauberstab hatte sie bereits die schwierigsten Zauber ohne Probleme ausgeführt. Lillyan wusste selbst nicht genau warum, aber seit sie nach Hogwarts gekommen war, war sie in allem stets Klassenbeste. Zauber, die sie noch nie zuvor ausgeführt hatte, gelangen ihr auf Anhieb perfekt, während andere wochenlang dafür üben mussten. Niemals war ihr auch nur ein kleiner Fehler beim Zaubern unterlaufen. Die Lehrer hielten sie für ein Naturtalent, aber Lillyan hatte irgendwie das Gefühl, dass doch noch etwas mehr dahinter steckte. Sie hatte einige Versuche durchgeführt, um das herauszufinden, und dabei war ihr schließlich klar geworden, dass sie sich im Zaubern nur in ein paar Dingen von den Anderen unterschied: Sie hatte mehr Vorstellungskraft und konnte sich deshalb die Wirkung des Zaubers besser vorstellen und sie konnte noch etwas, dass für sie von Anfang an völlig selbstverständlich gewesen war: sie konnte magie spüren.
💠💠DAS IST DIE FORTSETZUNG💠💠